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Tierisch was los hier …

Oct 14 2012 Published by under Uncategorized

Sonntag wie ihr ja bereits wisst Klinik Tag in unserem Haus in Sri Rama Chandra Pur. Seit letzten Sonntag haben wir nun auch einen tierischen Patienten in unserem Garten aufgenommen. Ein kleiner Bulle, total ausgemergelt und geplagt von Würmern lag vor unserer Türe. Als ich fragte, wem der denn gehört, meinten alle lapidar: der gehört niemandem mehr, der wurde ausgestossen … Fragezeichen in meinem Gesicht ??? Aber dann war alles klar. Obwohl die Kühe in der hinduistischen Mythologie eine besondere Stellung einnehmen, und der Bulle ganz besonders, weil er das Begleittier von Shiva ist, einem der drei wichtigsten Gottfiguren, gibt ein Bulle keine Milch und ist deshalb schlicht und ergreifend nutzlos. Gegessen werden Kühe und Rinder auf keinen Fall, dass wäre nun also wirklich eine Todsünde. In der Praxis und im Alltagsleben auf dem Dorf heisst dies aber, ein Bulle wird ausgestossen. Falls er es schafft, gut, falls nicht, auch gut. Als ich dann nachfragte, ob wir denn nun das arme Tierchen einfach hier verhungern und verrecken lassen sollen, waren alle plötzlich ganz entrüstet und meinten unisono, nein nein, es sei unsere heilige Plicht, zu helfen … aha, natürlich, alles klar, also tun wir es nun mal …

Und so kommt es, dass wir einen kleinen Bullen versuchen aufzupeppeln … noch nicht mit durchschlagendem Erfolg, aber wir hoffen jetzt alle zusammen, dass er über die Runden kommt.

Uneingeladen eingenistet in unserem Haus hat sich seit einigen Wochen eine Maus oder eine Ratte, die fortwährend an unserem Gemüse und unseren Früchten geknabbert hat. Auch eine Fledermaus hatte ich bereits gesichtet. Also haben wir eine Mausefalle gestellt. Die Mausefallen hier in Indien übrigens sehr tierfreundlich, da auch die Maus ein heiliges Begleittier einer weiteren wichtigen Gottfigur ist, dem Ganesha mit seinem Elefantenkopf.

Ein bisschen Banane als Köder und schwupps, am nächsten Morgen piepste es aus dem clever konstruierten Käfig. Eine kleine Maus ist uns in die Falle gegangen. Hier im Bild mit Pintu …

Völlig aus dem Häusschen geriet es aber vor allem, als unsere adoptierte Hundedame ‚Frida’ ganz erstaunt und neugierig den tierischen Haushaltszuwachs bemusterte. Wir haben das hübsche kleine Ding nun wieder ausgesetzt und hoffen, es hat die Lektion verstanden.

‚Frida’ übrigens ist eine bezaubernde Hundedame, die uns sehr ans Herz gewachsen ist.

Sie ist ganz klar eine Dame, in ihrem Benehmen aber von Zeit zu Zeit wie ein Rüde … das sieht dann sehr abstrus aus, wenn sie über eine andere läufige Hündin herfällt und versucht, diese zu ‚besteigen’ …

Gelernt hat sie das wohl an ihrem eigenen Leib, denn, falls wir das richtig sehen, wird sie wohl bald Nachwuchs bekommen, und wir wohl auch …

Ungebeten wird unser Haus jeden Abend auch von Unmengen grosser und kleiner Frösche und Kröten aufgesucht. Was genau sie bei uns finden, ist uns unklar. Aber da hüpfen und springen sie in allen Richtungen, wenn wir im unteren Stockwerk und im Patio herumlaufen, oder kleben an der Küchenwand …

Wir müssen unglaublich aufpassen, dass wir nicht eine zerstampfen … übrigens, ein eckelhaftes Erlebnis, dass mir leider einmal im Juli passiert ist … ach, tat mir das leid, hab fast nicht mehr schlafen können danach … sniff, und das Geräusch habe ich jetzt noch in meinen Ohren … grauslig.

Und weiter mit den Tierchen. Der Monsoon ist in den letzten Atemzügen, und dies heisst nun auch, dass die Zahl der Mücken und Moskitos wieder zunimmt. Ganz unangenehm ist dies auf der Morgentoilette … bereits mehrere Male haben mich diese schamlosen Geschöpfe einfach in meinen Po gestochen und meine Ausgeliefertheit gnadenlos ausgenutzt … also wirklich … skandalös!

Meine heutige Begegnung auf dem Weg zur Toilette jedoch topt wohl alles …

Bisher habe ich mir ja nur immer die vielen Geschichten von den Schlangen und den Kobras angehört. Und ich wusste ja schon, dass wohl der Zeitpunkt kommen wird, wo ich die königliche Begegnung haben werde. Nun, morgens um 7 war es dann soweit. Da schlängelte das braune Ding, keine Cobra, aber eine ‚Boda’, wie sie die Einheimischen nennen, eine Viper. Tödlich wäre der Biss sehr wahrscheinlich nicht, but well … bin dankbar, dass mir diese Erfahrung erspart blieb und sie wieder abgezischt ist, wie sie gekommen ist. Den Schlitz unter der Türe habe ich nun aber verbarikadiert … und hoffe und bete, die Dinger können nicht fliegen 🙂

Dagegen ist die Hanuman-Languren Truppe, die uns von Zeit zu Zeit Besuch abstattet ja gerade harmlos. Hier ein Bild der stattlichen Gattung:

Dabei sind sie es eigentlich überhaupt nicht, und ein Angriff eines Männchens ist alles andere als witzig. Diese Erfahrung wurde mir leider in Varanasi zuteil … gott hab ich geschrien und mit meinem Stock gefuchtelt … Zwei mal hat er mich damals attackiert, weil er, wie ich später herausfand, sein Frauchen und das Neugeborene schützen wollte … aber es ist alles gut gelaufen und er hat mich mit seinen scharfen grossen Zähnen nicht erwischt. Seither habe ich aber einen tierischen Respekt vor den Dingern und gehe lieber in Deckung. Wenn sie sich aber über meinen langgepflegten Tulsi-Garten (einheimischer Basilikum und hervorragender Tee), den Blümchengarten oder unsere Papaya Nursery hermachen, dann greife ich wieder zum Stock … Denn dann hilft nur eins, brüllen und wild mit einem Stock fuchteln, und hoffen, dass sie das ganz ernst nehmen, und sich nicht einen ablachen, ab der witzigen Figur, die ich dann abgebe. Bin aber nicht die einzige, die so eine dümmliche Show abzieht. Auch der Nachbar sieht einfach zu doof aus, wenn er zum Affen mutiert ….

Und nun, last but not least, wären da dann noch die Löwen …

nein, nein, keine Panik, keine Echten. Aber dennoch ganz wichtige, die vor dem östlichen Tempel des Ortes stehen. Seit 12 Jahren haben sie keinen neuen Anstrich mehr erhalten und eine jämmerliche Figur abgegeben. Und dies sollte sich nun 2 Tage vor einem wichtigen Festival ändern. Als ich mir die zwei Figuren ansah, wurde mir sofort klar, dass dieses Unterfangen mindestens eine Woche benötigen würde. Und einmal mehr musste ich den Kopf schütteln über die Inexistenz einer vorausschauenden, langfristigen indischen Planung. Das gibt es hier einfach nicht. Punkt Aus Schluss. Gehandelt wird unmittelbar, wenn es ansteht. In Praxis hiess das dann aber, dass Pintu und ich Nachtschicht schoben, um den Löwen einen neuen Anstrich zu geben. Fertig wurden wir nicht. Der Kompromiss war, dass zumindest die Köpfe fertig werden. Okay, wenn das für die Göttin, die im Tempel residiert okay ist, dann soll es auch für mich gelten, obwohl ich ein bisschen mit meinem Perfektionismus kämpfen musste. Et voilà, da ist einer von ihnen …

Und dann könnte ich Euch Geschichten erzählen über viele andere Tierchen, wie die kleinen und übergrossen Kakerlaken, die hier auf dem Land zum Leben gehören, wie das Salz in der Suppe, oder die haarigen Raupen, die sich über unseren Basilikum hermachen, um sich danach in wunderschöne Schmetterlinge zu verwandeln,

oder andere undefinierbare und unidentifizierbare Insekten, die Spinnen, das wäre dann ein Kapitel für sich, und dann ist da auch der riesige Varan, der stolz durch unseren Garten schleicht, die vielen Vögel die zirpen und zwitschern, oder unsere Haustauben, die einem manchmal richtig auf die Nerven gehen mit ihrem ‚gegurre’, die vielen fröhlichen Geckos, und und und …

Nun aber genug von all den Tieren, die unser Leben hier bereichern und unser Herz vor Freude springen oder vor Schreck auch aussetzen lässt.

Wie ihr seht, es geht tierisch was ab hier in Sri Rama Chandra Pur J

Und langweilig wird uns also nicht.

Nächster Blog dann wieder von den Menschen …

Ganz herzliche Grüsse und

Jai Jagannath

Diya

(für Feedback, Fragen und whatsoever: diya.zh@me.com)

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